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Der Erfolg der pubertären Wundertüte

Heidi Massopust (12) gewann beim Vorentscheid Ost und vertritt Erfurt beim Bundeswettbewerb der Nachwuchsbüttenredner.

Karneval im Mai – wo gibt es das denn? Nun, die Narren behaupten ja ohnehin, nach der Saison ist vor der Saison und Karneval sei sowieso das ganze Jahr. Doch Pappnase und Perücke haben Pause – das „Helau“ indes nicht. Mit „Helau“ endet beispielsweise die Bütt von Heidi Massopust.

Und die hat sie jetzt im „Dasdie“ beim Vorentscheid Region Ost mit Bravour dargeboten. Die 12-jährige Erfurterin erhielt 283 von 300 Punkten und qualifizierte sich für den 2. Bundeswettbewerb „Jugend in die Bütt“, der am 16. Juni in Jülich stattfinden wird. Als „Pubertäre Wundertüte“ berichtet sie in ihrer Bütt davon, wie es ist, wenn die Eltern schwierig werden. Die Bütt war von Redner-Urgestein Helga Nicolai geschrieben worden.

Die Rede wurde nun ein wenig angepasst, „schließlich muss sich Heidi mit dem Text identifizieren können und ihn verstehen“, sagt Helga Nicolai. Ihr Schützling und sie gehören zu Erfurts größtem Karnevalverein, dem Anger Karneval Club (AKC). Dort tanzt Heidi, seit sie fünf war, derzeit ist sie aktiv in der Juniorengarde Schautanz.

Vor zwei Jahren meldete sie sich bei einem Workshop für jugendliche Büttenredner an, schnell stand fest, dass sie in die Bütt will. AKC-Präsident Peter Schowanek bat Helga Nicolai um Amtshilfe, sozusagen. „Also nahm ich sie unter meine Fittiche“, erinnert sie sich lachend.

Die Jury bewertet anhand eines umfangreichen Wertungsbogens nicht nur die eigentliche Rede, sondern auch Körpersprache, Sprache, Redetechnik sowie den Einsatz von Requisiten und Hilfsmitteln.

„Es ist schwierig, wenn niemand klatscht oder lacht so wie in einer Karnevalssitzung. Das war erstmal ungewohnt“, berichtet Heidi Massopust. Doch schnell fand sie sich in der Situation zurecht und legte eine Bütt vom Feinsten hin. Die Jury war voll des Lobes, lediglich zwei, drei Gesten hätten noch passender sein können.

Übrigens, Erfurtsch findet der Zuhörer bei Heidi nicht, „Ich spreche von Natur aus hochdeutsch“. Ob sie Mimik und Gestik vor dem Spiegel übe, will ich von ihr wissen. „Nein, nie. Ich stelle mir die Situation vor, beispielsweise wie ich arrogant zu meinen Eltern etwas sage.“ Es müsse eben dem Text entsprechen. „Ich kann die Bütt auswendig, aber es gibt mir Sicherheit, wenn ich beim Umblättern kurz auf den Beginn des Absatzes schauen kann“, sagt Heidi.

Mit ihrem Talent ist sie ziemlich allein auf weiter Flur. Es gibt ein allgemeines Nachwuchsproblem unter den Büttenrednern, doch noch ein viel größeres bei der Jugend. In Erfurt ist sie die einzige Rednerin in ihrem Alter. „Ich bin sehr stolz auf Heidi und mir auch sicher, dass sie im Endausscheid ein deutliches Wort mitreden wird“, sagt Peter Schowanek. Nun diese Entscheidung wird am 16. Juni fallen, wenn sie diese letzten Zeilen ihrer Bütt gehalten hat:

„Offenbar ist es stets so auf Erden, dass die Eltern irgendwann schwierig werden. Ihre Pubertät, an mir könnt ihr‘s sehen, ist ohne größere Schäden nicht durchzustehen . . .Man schnappt sich heimlich sein Kuscheltier, das Gute, zieht eine furchtbar überhebliche Schnute. Und stürzt, innerlich zitternd, ins pralle Leben. Na ey liebe Leute, kann‘s was besseres geben?! . . . Helau.“

Text: Anja Derowski (Thüringer Allgemeine)
Foto: Michael Kremer

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